Verhaltensprobleme als Krankheitssymptome – Die Schilddrüsenunterfunktion beim Hund




Diese vier Hundegeschichten sind erfunden, stehen aber für viele wirkliche Leidenswege. Oft laufen die Besitzer verzweifelt von Trainer zu Trainer oder von Tierarzt zu Tierarzt, in der Hoffnung auf Hilfe. Nicht jeder bildet sich weiter, manche Trainer arbeiten noch nach veralteten Vorstellungen und viele Tierärzte kennen sich mit Verhaltensproblemen nicht aus. Im schlimmsten Fall erkennt keiner, dass diese vier Hunde aus den Fallgeschichten an einer Erkrankung der Schilddrüse leiden können.
Die Schilddrüse ist ein kleines Organ im Halsbereich. Dort werden Hormone gebildet, die den Stoffwechsel und Funktionszustand fast aller Organe beeinflussen. Sie wirken auf das Herz und den Kreislauf, auf den Stoffwechsel, die Neubildung der roten Blutkörperchen, die Atemregulierung, sie steigern die Aktivität der Darmmotorik. Im Nervensystem führen sie zu einer verstärkten Erregbarkeit der Zellen. Insgesamt wird durch die Wirkung der Schilddrüsenhormone der Energieverbrauch und der Grundumsatz des Organismus erhöht. Schilddrüsenhormone regulieren das Wachstum des Neugeborenen und die Entwicklung von Zellen, insbesondere des zentralen Nervensystems. Sie beeinflussen andere Hormonsysteme des Körpers, u.a. die Fortpflanzung, haben aber ebenso Effekte auf die Augen, auf die Haut und das Immunsystem. Direkt, aber auch indirekt, beeinflussen Schilddrüsenhormone das Verhalten.
Leider sind die vielfältigen Wirkweisen dieser Hormone vielen Tierärzten unbekannt, vor allem fehlen ihnen oftmals die Kenntnisse über die schilddrüsenbedingten Verhaltensveränderungen. Dies ist kaum verwunderlich, da während des tiermedizinischen Studiums wenig über Verhalten gelehrt wird. Tierärzte, die sich mit Verhaltensproblemen auskennen, haben sich auf diesem Gebiet weitergebildet und sich so spezialisiert. Sie wissen, dass es zu diesen Verhaltensauffälligkeiten kommen kann, auch wenn die Blutwerte der Schilddrüsenhormone sich noch im Normbereich befinden. Sie wissen auch, dass andere Erkrankungen die Schilddrüse beeinflussen und so auch die Blutwerte verändert sein können, ohne dass das Tier schilddrüsenkrank ist. Um die Situation tatsächlich einschätzen zu können, müssen deutlich mehr Parameter überprüft werden, als es normalerweise üblich ist. Andere Erkrankungen müssen so gut wie möglich ausgeschlossen werden, v.a. auch schmerzbedingte Erkrankungen. Sollte sich am Ende herausstellen, dass die Schilddrüse in der Tat erkrankt ist, wird eine Therapie eingeleitet. Der Patient wird für den Rest seines Lebens Tabletten bzw. einen Saft benötigen. Regelmäßige Kontrollen überprüfen die korrekte Dosierung des Medikamentes und verhindern Folgeerkrankungen. Die Ernährung sollte beachtet werden, da es hier einige Fallstricke gibt. Da diese Erkrankung auch eine genetische Komponente hat, sollte mit erkrankten Hunden nicht gezüchtet werden.
Die Therapie gibt dem Hund eine verbesserte Lebensqualität und ermöglicht ein Training, welches bisher oftmals absolut unmöglich war. Verhaltensauffälligkeiten können somit gezielt und zumeist auch recht erfolgreich trainiert werden. Es muss also nicht nur die Therapie, sondern auch ein sinnvolles Training durchgeführt werden. Hier ist es äußerst hilfreich, wenn der Trainer und der Tierarzt sich abstimmen und zusammenarbeiten. Im Optimalfall erkennt der Trainer, dass sich der Hund auffällig benimmt, und bespricht dies mit dem Besitzer. Dieser wendet sich an einen entsprechend spezialisierten Tierarzt, der dann die notwendigen Untersuchungen vornimmt und, falls notwendig, die Therapie überwacht. Der Trainer kann jetzt gezielt mit dem Besitzer die notwendigen Trainingsmaßnahmen durchführen.
Bitte bedenken Sie, dass – je nach Studie – bis zu 70 % der verhaltensauffälligen Tiere an einer Krankheit leiden. Die Erkrankung der Schilddrüse ist nur eine mögliche Ursache. Diese Tiere sollten also unbedingt dem Tierarzt vorgestellt werden und müssen entsprechend medizinisch betreut werden. Wenn Sie Fragen haben, können Sie sich gerne an Ihre Hundetrainerin oder an mich wenden.
Die Autorin Verena Boden
Ich bin Tierärztin und befasse mich seit über zehn Jahren mit Verhaltensauffälligkeiten bei unseren vierbeinigen Hausgenossen, nicht zuletzt durch die Erlebnisse mit meinen eigenen Hunden und Katzen. So habe ich u.a. die ersten in Deutschland angebotenen veterinärmedizinischen Fortbildungskurse im Bereich Verhaltenstherapie absolviert, für Tierschutzvereine mit Problemhunden gearbeitet und im Leipziger Zoo an einer wissenschaftlichen Arbeit an Spitzmaulnashörnern mitgewirkt, bei der wir durch sanfte Trainingsmaßnahmen schwierige medizinische Untersuchungen am wachen Tier durchführen konnten.
Seit Januar 2011 führe ich als niedergelassene Tierärztin meine eigene Praxis, in der ich hauptsächlich Verhaltenspatienten betreue. Schilddrüsenprobleme sind mir jedoch nicht nur als Tierärztin, sondern auch als Halterin sehr vertraut, da ich selber einen „Schilddrüsenhund“ besitze.
Besonders wichtig ist mir, Wissen zu vermitteln, daher halte ich Seminare und Vorträge über zahlreiche Themen wie Kastration, erste Hilfe, MDR-1-Defekt, Mittelmeerkrankheiten und eben auch zu den organischen Ursachen für Verhaltensprobleme. Gerne helfe ich auch Menschen mit Angst vor Hunden oder spreche über die Möglichkeiten zur Prävention von Beißvorfällen, insbesondere bei Kindern.
Ich lebe mit meinem Mann und unserer im Oktober 2011 geborenen Tochter in Dormagen. Unsere Familie wird komplettiert durch unsere beiden Mischlinge Cisco aus Ungarn und die inzwischen sehr fröhliche ehemalige Angsthündin Leeloo aus Spanien.
Fotos: Clipdealer
Kontakt:
Tierärztin Verena Boden
verena.boden@gmx.de
Fon 02133-973090
Fax 02133-973225
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